Ein neues Jahrsiebt....

...beginnt für mich mit der Premiere meines Opernspektakels "Zeitgeisterbahn" am Theater Freiburg. Was für ein Fest, Geburtstag und Uraufführung zugleich zu feiern! Dicke 260-Seitenpartitur, der Dirigent steht in einem Flammenmeer aus zuckenden Geigenbögen, vibrierenden Trompetenkelchen und sirrenden Flöten, ein Chor aus 60 jungen Menschen rennt über die Spielfläche und ruft in glockenscharfen, archaischen Rufen nach den Geistern dieser Zeit. Es dauert nicht lang, dann steht der erste Zeitgeisterbahn-Archetyp im dunkelsilbrigen Lichtkegel: das einsame Kind im Schlafanzug  berichtet vom Horror der Angst, allein im Kinderzimmer monströsen Kräften ausgeliefert zu sein. Ein Kaffeekränzchen findet sich und tauscht Lebensentwürfe aus. Rasch kommt man auf die Bibel zu sprechen und eine überwältigend frisierte Wahrsagerin im Sternenhimmelkleid klärt das Publikum über seine Schuld auf. Ein Gospelchor bestätigt. Das Orchester faucht. Zwei Gruppen Halbstarker provozieren einander und schlagen sich nieder. Im angesicht des Schmerzes erkennen sie ihre Not und ihr Schicksal, verbotene junge Männer zu sein. Heimlich begehren sie die singende Nachtfalterkatze Lonely Luisa, die todbringende Verführerin, die mit Nachtclubtimbre in den Spagat springt und damit Nightmare-Lea aufweckt, die sich selbst in einem Gefängnis imaginiert, das sie über einen Fahrstuhl ins Zeitlupenkaufhaus des Grauens verlässt. Dort wird sie von ihren besten Freundinnen ignoriert, die sich den gekauften Phrasen eines perfekten Püppchens hingeben. Die Gesellschaft ruft ihren Anspruch in den Äther: wir haben unsere Liebe investiert und verlangen, beglückt zu werden! Kraft ihrer Verbildlichung erscheint der weißgewandete Guru mit dem blauen Zweimeterschal und beschwichtigt. Auf den Knien empfängt man das verbale Opium und eine Legion der Einsamen schiebt sich durch die digitale Hölle. Ich will aber nicht alles verraten, am 31. Oktober gibt es noch eine Aufführung im Theater Freiburg. 

 

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